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Geschichte: Warum ROHMA?

Der Schweizer Rohstoffsektor erhielt lange Zeit keine Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit und der Politik - trotz eines spektakulären Wachstums seit der Jahrtausendwende.

Eine Dekade später begann sich dies zu ändern. Ereignisse wie ein grosser Börsengang, neue Erkenntnisse – zuerst von Nicht-Regierungsorganisationen, dann von Medienschaffenden – brachten den Sektor zunehmend ins Licht der Öffentlichkeit.

Mit dem „Grundlagenbericht Rohstoffe“ vom 27.3.2013 (PDF, 1.0 MB) anerkannte der Bundesrat die Probleme des Rohstoffsektors und steckte den Handlungsbedarf ab:

„Mit der zunehmenden Bedeutung dieser Branche gehen weitere ernst zu nehmende Herausforderungen einher, u.a. in Bezug auf die Menschenrechte und Umweltsituation in rohstoffexportierenden Ländern, die Korruptionsbekämpfung sowie dem Phänomen des „Rohstoff-Fluchs“ in Entwicklungsländern. Mit diesen Herausforderungen können auch Reputationsrisiken für einzelne Unternehmen sowie für die Schweiz als Land verbunden sein, v.a. dann wenn das Verhalten von in der Schweiz domizilierten Unternehmen von der Schweiz vertretenen und unterstützten Positionen im Bereich der Entwicklungspolitik, Friedensförderung, Menschenrechte sowie Sozial- und Umweltstandards entgegenlaufen sollte.“

Im Gefolge des Rohstoffberichts wurde schnell klar, dass freiwillige Massnahmen nicht ausreichend sind. Die Probleme, die zunehmend ans Licht kamen, machten eine spezifische sektorielle Aufsicht und eine Behörde mit eigener Gesetzesgrundlage unvermeidlich.

Reale Probleme – darum braucht es die ROHMA

Schon während der Erarbeitung des Rohstoffberichts zeigte eine Reihe von Fällen exemplarisch, wie Schweizer Unternehmen zum Rohstoff-Fluch beitragen. Diese Kette riss danach nicht ab und sie schuf den Handlungsdruck, der zur Entstehung der ROHMA führte.

Fehlende Vertragstransparenz

Das Zuger Unternehmen Glencore verschaffte sich zwei Lizenzen zur Ausbeutung der kongolesischen Kupfer- und Kobaltminen Kansuki und Mutanda. Glencore arbeitete dafür mit dem israelischen Geschäftsmann Dan Gertler als „Türöffner“ zusammen, weil dieser Präsident Joseph Kabila nahe steht. Diese Lizenzen wurden ohne Ausschreibung zu Dumping-Preisen an Offshore-Gesellschaften im Besitz von Gertler vergeben, der sie – mangels eigenem Bergbau-Knowhow – in einem Fall ganz und im anderen teilweise an Glencore weiterverkaufte. Der Gewinn aus diesem Geschäft, der eigentlich an den kongolesischen Staat hätte gehen müssen, landete in Gertlers Tasche. Die staatliche Bergbaugesellschaft Gécamines verlor so mögliche Einnahmen in der Höhe von 630 Mio. Dollar. Faire Lizenzvergaben sind eine der grossen Herausforderungen für die Förderländer. Vollständige Transparenz durch die Veröffentlichung der Verträge ist dafür eine notwendige Voraussetzung.

Schwerer Korruptionsverdacht

Ein ähnlicher Fall beschäftigt seit 2013 die Justiz von sechs Ländern. Es geht um die Vergabe von Bergbaulizenzen in Guinea an die Beny Steinmetz Group Resources, deren Namensgeber – der israelische Milliardär Beny Steinmetz - in Genf wohnhaft ist. Nach Rechthilfegesuchen der USA und von Guinea hat im August 2013 auch die Genfer Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Bestechung fremder Amtsträger eröffnet. Das Kontrollzentrum einer opaken Struktur von Offshore-Gesellschaften befindet sich ebenfalls in Genf. Ermittelt wird wegen dem Verdacht, dass eine der Frauen des ehemaligen Präsidenten Guineas bestochen wurde, um in den Besitz von Lizenzen für die Nutzung der hochwertigen Eisenerz-Lagerstätte in Simandou zu gelangen. Steinmetz bezahlte dafür 2009 lediglich 165 Mio. Dollar. Im Folgejahr kaufte der brasilianische Bergbaugigant Vale für 2,5 Mrd. Dollar 51 Prozent der Aktien jener Firma, welche die Lizenzen besass. Dieses Geld wäre eigentlich der Staatskasse Guineas zugestanden.

Illegale Kommissionszahlungen

Der Schweizer Handelskonzern Gunvor steht im Zentrum einer Untersuchung wegen Geldwäscherei der Bundesanwaltschaft. Zwischen 2010 und 2012 hat ein in Genf tätiger Trader ein mutmasslich illegales System von „Kommissionszahlungen“ aufgebaut, um im Gegenzug 18 Mio. Barrel Rohöl aus Kongo–Brazzaville mit einem Preisabschlag exportieren zu können. Die Begünstigten standen dem unter Korruptionsverdacht stehenden Präsidenten Denis Sassou Nguesso nahe. Zwei Konten bei der Genfer Niederlassung der Bank Clariden Leu sind deshalb bis heute blockiert.  

Geschäfte mit politisch exponierten Personen (PEP)

Seit 2009 unterhält Trafigura in Angola mit General Leopoldino Fragoso do Nascimento (genannt „Dino“) ein undurchsichtiges Joint Venture. Das gemeinsam mit dem Ex-Sonderberater im angolanischen Präsidialamt geführte Unternehmen importiert und vertreibt Erdölprodukte und machte 2011 einen Umsatz von 3,3 Mrd. Dollar. 50 Prozent davon sind im Besitz von Cochan Ltd, einer auf den Bahamas registrierten Briefkastenfirma. Direktor der Cochan-Tochter in Singapur ist ebenfalls General Dino, der in Angola vielfältige Geschäftsinteressen verfolgt. Über eine weitere Cochan-Gesellschaft in Angola ist er zudem an Puma Energy beteiligt, einer Trafigura-Tochterfirma, die in Afrika, Lateinamerika und Australien Tankstellennetze betreibt. Diese und andere Geschäfte des umtriebigen Vertrauten von Präsident Dos Santos stehen in Widerspruch zum angolanischen Gesetz über die Rechtschaffenheit der Verwaltung (Art. 25/1 a).

In ähnlicher Weise hat sich Trafigura in Simbabwe eingenistet indem die Firma enge Geschäftsbeziehungen mit hohen Vertretern der Regierung der ZANU-PF von Präsident Robert Mugabe unterhält. Zwischen Dezember 2013 und Mai 2014 hat der Schweizer Händler Stück für Stück wichtige Beteiligungen an zwei Firmen aufgebaut, welche die Verteilung von Erdölprodukten im Land dominieren: Redan Petroleum (60%) und Sakunda Petroleum (49%). Hohe Funktionäre der ZANU-PF sind an diesen strategisch positionierten Firmen beteilig. Trafigura kontrolliert zudem die Versorgung der Feruka Pipeline, die von Beira in Mozambik aus Harara mit Erdölprodukten beliefert.

Verwicklung in Subventionsbetrug

Im Oktober 2012 richteten die nigerianischen Behörden ein Rechtshilfegesuch an die Schweiz, das fünf Schweizer Rohstoffhändler betraf. Sie wurden zwar nicht direkt beschuldigt, sind aber im Besitz wichtiger Dokumente, die einen gigantischen Betrug ihrer nigerianischen Geschäftspartner beim Treibstoff-Import belegen könnten. Zwischen 2009 und 2011 machten nigerianische Firmen ungerechtfertigterweise staatliche Subventionen in der Höhe von 6,8 Mrd. Dollar geltend. Nigerianische Behörden und Nicht-Regierungsorganisation haben aufgezeigt, wie die Schweizer Händler ihren nigerianischen Partnern beim Betrug mit falschen Mengen- oder Preisangaben behilflich waren. Viele dieser nigerianischen Firmen sind eng mit hohen Beamten verknüpft. Dieses Beispiel zeigt, dass auch Rohstoffhändler – wie Banken – gesetzliche Sorgfaltspflichten brauchen, die verhindern, dass sie mit politisch exponierten Personen Geschäfte auf Kosten der Förderländer tätigen.

Rohstoffwäsche

2004 und 2005 hat die Schweizer Goldraffinerie Argor-Heraeus SA gegen drei Tonnen Gold aus Uganda verarbeitet. Schon seit einigen Jahren hatten die UNO, Nicht-Regierungsorganisationen und Medien berichtet, dass Uganda als Transitland für Gold aus der Demokratischen Republik Kongo fungierte. Das Land produzierte gemäss ugandischer Statistik weniger als ein Prozent seiner Gold-Exporte selber. Die zu Argor gelangten Goldexporte finanzierten die Aktivitäten einer paramilitärischen Miliz im Kongo. Im November 2013 reichte die Organisation TRIAL bei der Bundesanwaltschaft eine Strafanzeige gegen Argor Heraeus SA wegen „qualifizierter Geldwäsche von Vermögenswerten“ ein. Die Untersuchungen in diesem klassischen Fall von Wäsche „schmutziger“ Rohstoffe dauern noch an. Dieser Fall führte dazu, dass in der parlamentarischen Debatte entschieden wurde, auch die Goldraffinierien und Goldimporteure der ROHMA zu unterstellen.     

Aggressive Steuervermeidung

Die von Glencore kontrollierte Mopani-Kupfermine in Sambia hat – trotz eines langen Kupferpreisbooms – seit der Übernahme durch Glencore 2001 nie Gewinne verbucht und deshalb auch nie Gewinnsteuern bezahlt. Durch die Erosion der Bemessungsgrundlage und Gewinnverschiebung bringt der Konzern mit Sitz in Baar das afrikanische Land und seine Bevölkerung um die Früchte des Kupferbooms.

Der Standort Schweiz wird auch von ausländischen Bergbau-Konzernen zur aggressiven Steuervermeidung genutzt. So hat der brasilianische Bergbaugigant Vale seit 2006 im waadtländischen Saint-Prex mehrere Tochtergesellschaften zusammengeführt, die zuvor in Offshore-Finanzzentren domiziliert waren. Der Konzern geniesst vollständige Steuerbefreiung auf Gemeinde- und Kantonsebene. Dank dem sogenannten „Bonny“-Beschluss wurden von Vale International in Saint-Prex zwischen 2006 und 2012 auch auf Bundesebene nur 20 Prozent der Gewinne besteuert. Diese beliefen sich von 2006 bis 2009 auf ca. 15 Mrd. Franken. Das sind 40 Prozent des Gesamtgewinns eines Konzerns, der weltweit 80'000 Mitarbeitende zählt, wovon Ende 2012 gerade mal 117 in Saint-Prex arbeiteten. Am Schweizer Standort wird also ein Vielfaches des hier überhaupt zu erwirtschaftenden Gewinns verbucht – auf Kosten der Produktionsländer.

Nägel mit Köpfen

Auf die Veröffentlichung des „Grundlagenbericht Rohstoffe“ folgte eine intensive Debatte. Zunächst in der Öffentlichkeit und bald auch im Parlament Bereits in der Frühjahrssession 2013 wurde der Beschluss gefällt, ein ambitioniertes gesetzgeberisches Doppelpaket zu lancieren, das nach einer konzentrierten und intensiven Debatte zum Rohstoffgesetz und zum Rohstoffmarktaufsichtsgesetz führte. Nachdem ein zunächst angekündigtes Referendum nicht zu Stande kam, traten beide Gesetze am 1. April 2014 in Kraft. Der Aufbau der ROHMA begann am 1. Januar 2014, drei Monate später nahm die ROHMA ihre Arbeit auf.